http://www.otelmusic.ch/camino.html
El Camino de Santiago
Abfahrt SBB um 15.32h von Otelfingen. Via Zürich - Biel - Genf - Lyon (Couchette) - Bordeaux - Bayonne - St. Jean Pied-de-Port.
10.00h Ankunft in St. Jean Pied-de-Port. Es regnet. Altes Zentrum mit Strasse, wo die Pilger Richtung Pass gehen. Nebel kommt auf, es beginnt zu schneien; zuerst Eichenwälder, dann kahl, auf der spanischen Seite Buchenwälder. Ich bin nass (vom Schweiss, nicht vom Regen!), wegen der Kälte liegt ein längerer Halt aber nicht drin!
16.00h Ankunft in Roncesvalles, Credencial holen, Massenlager beziehen. Ich friere so stark, dass ich im Hostal einen Carajillo, dann einen Americano, dann Tinto bestelle, während ich mit Alex (B) philosophiere. Ich bin überrascht, wie viele Leute unterwegs sind: viele Brasilianer, NL, D, F. Um 20.00h gibt's die Pilgermesse mit dem Segen für den langen Weg. 20.30h Nachtessen: Trucha mit 3 Brasilianern: M. Jaccard (ex Lausanne), Lincoln, Flavio.
Um 6 Uhr beginnt der Schlafraum zu rumoren. Ich beginne ebenfalls, meine Sachen zusammenzusuchen und um 0710h bin ich aufbruchbereit. Es schneit nicht mehr, aber es ist alles weiss und kalt. Die Landschaft ist wunderschön und friedlich, aber es sind so viele Pilger unterwegs, dass ich fast alle 10 Minuten jemanden überhole. Die wundersamste Gegend ist Alto de Erro mit kleinen Eichen, Buchsbäumen usw., und im Unterholz ist alles mit Moos überwachsen. Viele der Leute, die ich in Roncesvalles getroffen habe, überhole ich und sehe sie von Zeit zu Zeit, wenn ich einen Halt mache. Gegen Mittag löst sich die Bewölkung, und am Nachmittag ist wunderbares Wetter. In Zubiri kaufe ich Äpfel/Käse und im ursprünglich geplanten Etappenziel Larrasoaña darf ich die dringend benötige Toilette aufsuchen. Weil ich aber weg will von den vielen in Roncesvalles gestarteten Pilgern, die alle nach Larrasoaña wollten, beschliesse ich, nach Trinidad de Arre weiterzugehen: feines Refugio, wo auch Lincoln (BR), Kim (DK), Magda (BR) und Paolino (USA) (siehe Foto von Magda) übernachten. Eine lange Etappe, aber eine sehr schöne! Duschen, waschen, schuhputzen, und dann gehen wir mit den genannten Leuten zusammen zum Nachtessen.
Als ich aufwache, sind viele schon weg. Ich packe die noch nasse Wäsche ein; die Jeans, die ich unten gewaschen habe, sind unten und oben nass (die Unterhose, die daneben hing!!). Der Nierenwärmer ist ebenfalls nass, aber ich ziehe ihn trotzdem an, denn er tut Wunder!. Das Wetter ist kühl, aber wenigstens regnet es nicht. In Pamplona neben der Kathedrale trinke ich Manzanilla und esse einen Croasán. Nach dem obligaten WC-Besuch bin ich wie neu und besuche die Kathedrale. Ausgangs Pamplona werden in der Universität Stempel gegeben; so habe ich einen guten Grund, dort nochmals aufs WC zu gehen (ich kränkele ein bisschen: nass, kalt -> aber soweit alles unter Kontrolle). Der Alto del Perdón ist sehr windig und kalt, die Aussicht ist irre; aber ich bleibe nicht länger als ein paar Minuten, damit ich mich nicht mehr erkälte. Beim Abstieg zur Südseite wird's wärmer. Am Abend in Puente la Reina treffen sich wieder Lincoln (der mich beim Hospitalero bereits mit vollem Namen angemeldet hat!), Magda, Kim, Guzmão. Ebenfalls eine dänische Frau mit zwei kleinen Mädchen, die den Camino in zwei Monaten mit einem Fahrrad und Anhänger machen wollen. Kleine Stadtbesichtigung (Puente, Y-Kreuz) und Nachtessen.
Die Leute rumoren wieder, bevor der Tag anbricht (0600h). Um 0630h stehe ich also auch auf und mache mich um 7Uhr auf den Weg. Das Wetter scheint gut zu sein, und im Zwielicht gehe ich durch die Pilgerstrasse der Stadt, über die Brücke und dem Río Agra entlang. Ein wunderbarer Morgen mit Düften und Vogelgezwitscher vom Allerfeinsten! Bald treffe ich auch meine neuen Kollegen wieder. Wir gehen jeder alleine, doch trifft man sich immer wieder. Cirauqui liegt auf einem Hügel, auf dessen südlicher Seite die alte römische Strasse und Brücke ist. Obwohl das Wetter gut ist, bläst immer wieder ein kühler Wind. Bei einer mittelalterlichen Brücke raste ich, um nachher in Lorca an vielen rastenden Pilgern vorbeizugehen (mit dem Lied "20 Miles from my house to your house", das mich dauernd begleitet). In Villatuerta zeigt uns der Sigrist seine Kirche mit allen möglichen Erklärungen. Da es von Estella bis Los Arcos kein Refugio gibt, und allen irgend etwas weh gut (mir die rechte Fussohle), bleiben wir um 12.30h bereits in Estella. Stadtrundgang, Lunch (Don Menú) und um 17Uhr Visita guiada der Sehenswürdigkeiten der Stadt. NaE im Refugio zubereitet von Paolino, dann Guiness mit Paolino und Magda.
07.00h Abmarsch durch Estella im Morgengrauen; beim Aufstieg zum Monasterio de Irache gibt's einen wunderbaren Sonnenaufgang. Fotos und Wein bei Bodegas Irache. Zwischen Weizenfeldern und Weingärten zum verschlafenen Azqueta. Von Villamayor durch ein einsames Tal (Mitte Weizen, Seiten Föhrenwälder) nach Los Arcos. MiE bei Mavi (Bocadillo de Tortilla francesa/Manzanilla) und dann Gewaltmarsch mit Kim, Magda, Lincoln nach Sansol. Ich mache alleine Pause vor Sansol und gehe die hügelige Strecke bis Viana über das Ebroseitengebirge in meinem eigenen Tempo. Das Wetter verschlechtert sich ab Sansol (ohne Sonne?), und in Viana regnet es aus Fässern, sobald ich um 16.15h im Refugio angkomme. Bocadillo de jamón, duschen, waschen, Schuhe putzen, Casa de Cultura, Iglesia (Renaissance-Tor). NaE mit Kim, Magda, Lincoln und Juán aus Guipúzcoa. Heute hat MaryCarmen Geburtstag!
In der Dämmerung die 9.4 km durch Gärten und Hügel hinunter nach Logroño. Casa de Felisa (>80 Jahre), die "Higos, Agua Fresca y Amor" anbietet. Störche in Logroño auf alten Fabrikkaminen. Durch Logroño führt eine alte Pilgerstrasse zur Santa María del Palacio (leider verpasste ich Santa María la Redonda). Der Ausgang von Logroño ist industriell und wirklich mühsam und voller Baustellen. Um den Pantano de la Grajera herum schöner Fussweg. Navarrete ist im Zentrum (inkl. Kirche) interessant. Almuerzo im Bar Molino mit Magda, Kim, Lincoln. Beim Friedhof das Tor mit der Szene "Roldán/Ferragut". Erste Anzeichen eines Knöchelproblems: Sockenwechsel. Nach San Antón Probleme mit dem linken Knöchel. Der Weg nach Nájera wird zum Leidensweg! Im Refugio haben meine Kollegen für mich schon ein Bett reserviert. Apotheke will mir Spezial-Socken verkaufen, aber das ist keine Lösung! Ich muss schauen, ob ich weniger weit gehen sollte am 6.5.. Das Wetter war sehr kalt und windig; man kann gar nicht richtig Pause machen. Aber wenigstens gutes NaE in der Bar Judería.
7.00h Aufbruch, nachdem ich Pflaster auf den Knöchel geklebt habe. Zuerst geht's gut, aber schon nach dem Aufstieg auf die Peñaescalera tut der Knöchel wieder weh. Ich versuche, den Schmerz mit der Bandana zu dämpfen, aber es bringt nichts. Schliesslich nach 1 - 2 km wechsle ich den linken Bergschuh gegen den leichten schwarzen Bamba, welche ich jeweils am Abend anziehe. Es funktioniert! So gehe ich ohne Schmerzen - mit dem linken Bein viel kleiner als dem rechten - aber überglücklich bis Santo Domingo de la Calzada, wo ich in dieser Aufmachung dem ersten Teil der Messe beiwohne. Als ich mich auf den Platz vor der Kathedrale neu organisiere (rechter Schuhwechsel), kommen Lincoln und Magda, die sich im Cistersienser-Kloster eingeschrieben haben (für die Nacht) und nachher Kim, der, wie ich, ebenfalls nach Redecilla weiter will. Wir nehmen miteinander ein MiE und denn Abschied. Mit Kim (vor mir) geht's weiter durch eine wirklich schöne Landschaft weg von der Hauptstrasse. Der hinten und vorne aufkommende Regen verschont uns, und nach überschreitung der Grenze La Rioja/Castilla-León erreichen wir das kleine Refugio in Redecilla. Duschen, lesen, schreiben in der Bar an der Hauptstrasse. NaE mit Kim und zwei Deutschen (Herbert/Peter) in der Bar unter Refugio, wo 4 Männer aus vollen Halse die lokalen Jotas singen.
Wetter nach wie vor bedeckt und windig, kalt (7°C). Leider sieht man von der ganzen Sierra im Süden nichts. Der Weg nach Belorado ist viel besser als im Führer beschrieben: es hat immer einen Seitenweg. Belorado durchquert man durch den alten Kern rechts der Hauptstrasse: keine Bar, kein Laden. Ich such mir ein Frühstück mit Manzanilla und Sobao und einen Früchteladen. Die Felseneremite in Tosantos ist zu weit weg vom Pilgerweg (vielleicht mal im Auto nachholen). Espinosa ist total verfallen. Die verfallene Ermita verpasse ich. Durchgang durch Villafranca Montes de Oca ist fürchterlich auf der Strasse (Lastwagen in 50 cm Abstand)! Im Bar Pájaro Bocadilla de Lomo und dann Aufstieg auf die Montes de Oca. Totale Einsamkeit: wunderbar! Aussicht auf den Berg hinter Pineda (der San Millán ist bedeckt). Eichbäume, Heidepflanzen, neue Strassenführung N-120, viele tote (oder noch nicht ausgeschlagene?) Bäume, aufgeforstet mit Föhren, Aussicht auf die Bureba. Der Weg durch den Wald ist so lang, dass ich schon fast befürchte, auf dem falschen Weg zu sein; aber schliesslich taucht in einer grossen Waldlichtung San Juan de Ortega auf (15.30h). Ich bin den ganzen Tag in den Bambas gegangen. Füsse tun mir am Abend weh: ich will in Burgos neue Wanderschuhe kaufen (2 Paar) und die Militärschuhe bei José lassen.
Die Nacht in San Juan de Ortega war kalt! Ich habe sogar im Schlafsack gefroren! Weiter durch den Wald beginne ich um 07.15h meinen Abstieg nach Agés, wo kurz vorher die unvollendete Bahnlinie und eine Kuhweide sind. In Atapuerca steht der Erinnerungsstein an die Schlacht von Atapuerca (1054 zwischen León-Castilla und Navarra). Im neuen Refugio habe ich wieder mal Gelegenheit, das WC zu testen! Die Füsse tun mir wegen der leichten Sohlen der Bambas sehr weh, und als ich aus der Natur raus bin und über einige km Asphalt Villafría erreiche, bin ich wirklich kaputt! Das Gewicht des Rucksacks mit den beiden Militärschuhen oben drauf tragen das ihre dazu bei! Aber nach einem Kaffee und Croissant schaff ich's mit bester Laune, den langen Weg durch Gamonal zur Abuelita hinter mich zu bringen, wo ich um 13.15h eintreffe. Um 15.00h kommt José, und wir fahren per Auto zu ihm, wo's Garbanzos und Alas de Pollo gibt. Während José Mamá heimbringt, ruhe ich aus, und anschliessend gehen wir per Auto meine neuen Wanderschuhe einkaufen und anschliessend ins Morito zu einer Riesenportion Gambas. NaE mit Pili und Wäschetrocknen vor Cheminée.
Zwar ohne Dusche, aber vollständig retabliert, verlasse ich um 07.30h mit José Dr. Zumel 20. Im Refugio von Burgos ist niemand da für den Stempel (das muss ich halt auf dem Rückweg machen). Via Tardajos durchs Arlanzón-Tal hinauf auf die wunderbare Meseta, runter nach Hornillos und wieder rauf auf die nächste Meseta (San Bol) und runter nach Hontanas. Es ist atemberaubend: Steinhaufen, grüne Kornfelder, endlose Horizonte und ein lautes Vogelgezwitscher. Zuerst sehe ich die Vögel gar nicht, doch immer öfters fliegen und sitzen sie sichtbar herum. Aus der kühlen Morgentemperatur hat sich ein heisser Tag entwickelt und ich ziehe meine kurzen Hosen an. Kurz nach Rabé treffe ich Magda, die sich in Burgos ein Hotel geleistet hatte, und in Hornillos, wo ich vor ihr eintreffe, bestelle ich eine Ración Queso, die wir miteinander teilen: stillt meinen Hunger für den ganzen Tag! In Hontanas gehe ich ohne anzuhalten am Refugio vorbei weiter das Tal hinunter, an San Antón vorbei. Als Castrojeriz sichtbar wird, beginnt ein Gewitter aufzuziehen, das mich beim Eingang ins Dorf noch erwischt. Meine neuen Schuhe sind Spitze! Castrojeriz hatte um 1500 herum 18'000 Einwohner (viele Juden). Die Bar, wo ich Tinto trinke und schreibe, war einst Synagoge und später Traubenpresse. Besuch der Kirche und Magdas Foto mit mir im Steingrab (Guzmão erschrecken!). Das Refugio ist voll und die beiden Deutschen Herbert/Peter müssen per Taxi nach Itero weiter. NaE mit Magda.
Der Hospitalero Resti weckt mit Musik (gregorianische Gesänge) und wartet mit Milchkaffee, Biscuit/Margarine und äpfeln auf. Um 07.00h gehe ich los über eine Ebene und auf den Alto de Mostelares rauf. Hinten wieder runter über welliges Gelände. über dem Fluss Pisuerga verlasse ich die Provinz Burgos nach Palencia und in Itero de la Vega gibt's Manzanilla/Gebäck und im Refugio das übliche! Nach Boadillo beim Canal de Castilla mache ich einen langen Halt. Ein Mann grüsst mich, der den Camino del Canal (205 km) macht. Bis Frómista sind die beiden Caminos die selben. In Frómista schaue ich mir kurz die Iglesia de San Martín an, kauf einen Guía dazu und nehme dann den Weg über den "Andadero" neben der Hauptstrasse unter die Füsse: es ist heiss und langweilig. In Población nehme ich ein Bocadillo de queso; es beginnt zu regnen; ich nehme mir vor, in Villalcázar zu übernachten, aber das Refugio ist geschlossen (der Hospitalero komme erst im Juni!). So erreiche ich Carrión, dusche, wasche, kaufe ein und sitze in der Bar Carmen. Ich habe heute tatsächlich 44.1 km gemacht. Meine Füsse wissen's besser als ich! Aber ich bin zufrieden!
07.00h Abmarsch in den ersten wolkenfreien Tag. über den Fluss Carrión, am Kloster (Hotel) vorbei. Ein Desvío wegen einer kaputten Brücke verweist den Peregrino auf die Nationalstrasse. Es ist grausam! Nach ca. 5 km geht's dann rechts weg von der Nationalstrasse und endlich auf den normalen Weg. Kim erklärt mir später, dass er den Desvío nicht befolgt hat und bei der kaputten Brücke einfach durchs Wasser gewatet ist. Auf dem Original-Weg geht's dann stundenlang geradeaus nach Westen. Als die Temperatur steigt: Hosenwechsel! Die Ebene ist tatsächlich endlos! In Calzadilla mache ich zum ersten Mal Pause (ca. 11.00h) und dann weiter durch das liebliche Cueza-Tal. In Lédigos und Terradillos plane ich etwas zu essen, aber im ersten gibt's keine Bar, und im zweiten ist es nicht unbedingt appetitlich. Kurz vor Moratinos mache ich bei einem verschwundenen Pueblo Halt (Villaoreja). Eine Herde Schafe mit Hirt und vier Hunden kommen vorbei und kurz nachher taucht Kim auf. Er hatte nach 3 h Burgos-Besuch in Tardajos, dann in Itero de la Vega und im Kloster von Carrión geschlafen. Mit ihm zusammen überwinden wir die verbleibende
Strecke bis Sahagún, wo das Refugio in einer alten Kirche gut aussieht. Guzmão ist auch da. Ich dusche kalt und sehe, dass meine Beine hinten von der Sonne rot sind (am Kopf trug ich die Bandana). Später treffen auch Herbert/Peter ein, und zu viert geniessen wir das NaE.
Kurz vor 07.00h gehe ich durch die leeren Strassen von Sahagún; der Mond scheint noch - eine Stimmung, die mir immer mehr gefällt. Guzmão sucht den Weg, so gehen wir zusammen. Er erzählt mir, dass er letztes Jahr seinen 18-jährigen Sohn bei einem Autounfall verloren hat. Die Gegend ist flach, doch nicht uninteressant, immer wieder fliesst ein kleines Gewässer von Norden nach Süden, dort gibt es jeweils die einzigen Bäume und Büsche. Im Schilf lärmen die Frösche. Es gibt auch viele grosse Teiche, wie z.B. hinter El Burgo Ranero, wo die Frösche so laut sind, dass selbst die Schafe sich nicht ans Wasser zu trauen scheinen. In Burgo Ranero grüssen die Leute nicht: Lölis! Es gibt in der Gegend viele Adobe-Gebäude. Das gute Wetter von gestern hat sich ein bisschen verschlechtert, d.h. es ist bedeckt, aber die Sonne scheint durch; ich lasse die langen Hosen an und schütze meinen Nacken und die Arme mit Sonnencrème. In Reliegos genehmige ich mir eine Tortilla (Guzmáo trifft auch ein und lädt mich zu Boquerones ein). In Mansilla sitzen schon die beiden Deutschen: Herbert hat einen offenen rechten Fuss, lässt sich von der Hospitalera verarzten und wird wahrscheinlich aufgeben! Schade für ihn!
Als ich Mansilla im Morgengrauen kurz vor 07.00h über die Esla-Brücke verlasse, ist es wieder bedeckt. Die Felder haben ausgedehnte Bewässerungsanlagen, und Bäume gibt's wieder viele. In Puente Villarenta nehme ich Kaffee+Thongebäck (Empanada). Der Eingang nach León durch Puente Castro ist nichtssagend ausser der Brücke über den Río Torrio. Beim Benediktinerkloster (11.30h) wartet schon Kim - leider ist das Refugio für 3 Tage geschlossen, und so müssen wir zum städtischen Refugio gehen. Auch ok! Nach Einchecken gehe ich die Stadt entdecken. Kathedrale, Basilika, Gaudí, San Martín (Tapas-Zeit Sonntag 15h); nach einer Ración Boquerones (Kim trifft auch noch ein) gehe ich noch zu San Marcos (Renaissance), damit ich morgen früh den Weg aus der Stadt rascher machen kann. Es ist kühl, auch wenn zwischendurch die Sonne scheint. Die Kathedrale von León ist eindrucksvoll, sehr fragil mit hohen Fenstern; doch die 2 abgetrennten Türme erinnern zu stark an französische Kirchen: ich bevorzuge die Kathedrale von Burgos! NaE mit Kim nahe beim Refugio (dort isst auch der Burgos-Pilger mit dem Pilger-Anzug).
Gut ausgeruht vom halben Tag in León starte ich kurz vor 07.00h. Es regnet leicht. Der Tag wechselt denn auch zwischen Regen und leichter Sonne; doch am Abend in Astorga schifft's aus allen Rohren. Ich muss in Zukunft den Schlafsack mit Plastik schützen, weil Mamiemers Rucksack-Hülle nicht wasserdicht ist. Die ersten 8 km aus León heraus sind fürchterlich (Verkehr/Lärm), doch bald nach einem Kaffee/Croissant in Virgen del Camino, und der Plastik vor der Virgen-Kirche, geht der Weg in die Natur auf den Páramo. Ich fühle mich fit und aufgestellt und nach dem Bocadillo de tortilla francesa in Villar de Mazarife überlege ich mir, den Weg über Puente y Hospital bis Astorga fortzusetzen. Vor dieser Entscheidung gehe ich aber noch an
grossen Bewässerungsplantagen vorbei. In Puente y Hospital de Orbigó schaue ich in das Refugio parroquial (WC!), wo der Pilger aus Granollers (hat heute den 50. Geburtstag) mit einem deutschen Hospitalero verhandelt: ich gehe weiter! Die nächsten 18 km sind hart - wie ich jetzt im Schlafsack meinen Bericht schreibe, schmerzen die Füsse und Beine tierisch! Das Refugio in Astorga ist voll, und ich muss in die "Dependance". Es gibt viele Leute mit total sauberer Ausrüstung hier; die fangen scheinbar erst hier an! Astorga ist eine sehr interessante Stadt (Römer, Kathedrale, Gaudí), die ich auf der Rückreise besser anschauen sollte. Kurz vor meiner Ankunft in Astorga beginnt es so stark zu schiffen, dass ich mich zuerst im Schlafsack aufwärmen muss, bevor ich nachher im Regen die Stadt besuche. Meine erstes NaE allein: in der Bar Bierzo. Ich bin ziemlich geschafft - ich bin 51.9 km gegangen!
Um 07.20h, bei anständigem Wetter und bestens ausgeruht, geht's Richtung Schneeflecken auf den Montes de León im Westen in ein weites Tal mit alpiner Vegetation. Wann immer ich zurückschaue, erkenne ich in der Ferne die Kirchtürme von Astorga. Eine wunderbare Ruhe wird nur durch gelegentliche Donner in den Bergen (Armee?) unterbrochen. Ich bin erstaunt, wie gut ich mich vom gestrigen Gewaltmarsch erholt habe. Der Wirt von Santa Catalina hat trotz riesiger Werbung geschlossen und so muss ich bis El Ganso warten, wo ich bei den "Cowboys" einen Kaffee trinke, der mich vollends aufstellt. In El Rabanal treffe ich die Schweizerin, die in El Ganso mit Deutschen geschwatzt hat. Thon-Empanada. Der Aufstieg nach Foncebadón und Cruz de Ferro ist leicht, und bei der Passhöhe rasten die beiden Velo-Lausannerinnen, die schon in El Rabanal waren. Gegen Schluss der Etappe gibt's feinen Nieselregen, aber der Tag ist trotzdem wunderschön gewesen. Das heutige Refugio (16.00h) ist privat aber fein. Ich unterhalte mich mit 2 älteren Französinnen, die in Le Puy gestartet sind. Duschen/waschen. Aussicht anschauen: im Westen weit unten liegt El Bierzo. NaA mit Agnes und den beiden Lausannerinnen Anna und Arielle.
Wahrscheinlich waren die beiden grossen Sol-y-Sombras gestern Abend doch zu viel des guten: den ganze Tag gab's mehr Nebel als Sonne (auch im Kopf)! Ohne Regen begann der Tag - in der Nacht hatte es mir die draussen hängengelassene Wäsche verregnet. Nach dem landschaftlich schönen Abstieg beginnt es im malerischen und sauberen Molinaseca zu regnen. Nach Kaffee/Toastbrötli geht's flacher/hügelig nach Ponferrada, wo es zeitweise zu regnen aufhört. Ganz schlimm wird der Regen dann anschliessend, und ohne Aussicht auf die umliegenden Berge muss ich den Weg durch den Bierzo im Regen durchschreiten! Schade! In Fuentes Nuevas in einer Bar, wo ich die nassen Sachen neu anziehe, kann ich mit MC sprechen (die in Burgos eingetroffen ist). Die Gegend wird zunehmend "weiniger" und viele Bodegas SA sind anzutreffen. Mittendrin steht eine "Paternina"-Rioja-Werbung!!! Von Cacabelos gibt's etwa 3 km keinen Arcén - einmal kommt von hinten auf der Überholspur ein PW knapp an mir vorbei!! Idiota! Der Rest des Wegen gleicht einem Fluss: nass und ausgewaschen. Total durchnässt komme ich in Jato's Refugio an und erhole mich zuerst mal im Schlafsack. Im Gemeinschaftsraum, wo sich alles versammelt, treffe ich Agnes' Freunde Pierre (Québec) und Jessie (Oregon). Heute gibt's ein feines Gemüse-Menu im Refugio. Hoffentlich ist morgen besseres Wetter!
Obwohl viele Pilger ihr Gepäck durch Jato nach O Cebreiro chauffieren lassen, gehe ich voll beladen um 07.30h los, um über den Bergumweg die N-VI zu vermeiden. Gerade nach der Brücke treffe ich auf Agnes, die im Refugio Municipal übernachtet hat. Bis La Partela gehen wir zusammen über den Bergweg, doch will ich nicht in die Bar de Carretera, wo alles voller Touristen ist. So mache ich den Rest der Etappe allein. Schön! Das Wetter kämpfte am Anfang, aber es wird immer besser und wärmer. Der Aufstieg nach Herrerías macht Freude, und ich fühle mich fit. Die von gestern durchnässten Wanderschuhe sind langsam wieder am Trocknen, stinken aber grausam, wie ich beim Rasten feststellen muss. In Ruitelán zeigt mir ein Schnitzer seine Bordones (ESP 700 - 1000). O Cebreiro ist zwar kühl, zeigt aber im Westen gute Aussicht auf die Hügel von Galicia und im Osten auf die tiefen Täler, durch die ich aus dem Bierzo heraufgekommen bin. Alles ist aus Stein hier und einige Restaurantes bieten sich zum Apéro an. Heute werde ich mir ein feines NaE gönnen! Duschen, Waschen, Bar (schreiben). NaE Casa Carolo mit Agnes, 2 deutschen Frauen (die später wegen Fussbeschwerden aufgeben, aber doch nach Santiago fahren) und Duits (NL).
Blauer Himmel und Nebelmeer erwarten mich, als ich um 07.20h losgehe. Es ist noch kühl, aber sensationell! Leider verpasse ich es, nach Osten zurückzuschauen, woher ich gekommen bin. In Alto do Poio gibt's Kaffee, und weiter geht's durch eine saftige Berglandschaft, die immer mehr zur Viehwirtschaft mutiert. In Triacastela gibt's Tortilla-Lunch. Weiter geht's durch das San Xil-Tal, an der mittelalterlichen Quelle vorbei, an Schifertafeln-Autobeladung vorbei, zu einem kühlen Ruheplätzchen, wo ich durch die noch junge Belaubung einer Eiche in den Himmel schaue. Es wird recht heiss beim Wandern, und ich schütze meinen Hals und die Ohren mit Bandana (wie in der Sahara!). Zum Glück steige ich nicht in Calvor (heisst echt auch anders) ab wie geplant - das ist weit weg von jeglicher Zivilisation! Ich muss mir von nun an grössere Refugios auswählen, den ich krieg den viertletzten Platz in Sarria! Sarria hat einen Malecón (Promenade am Fluss mit Bars), und obwohl's ein Nest ist, gefällt's mir. NaE mit 1 Flasche Wein! Der Wirt ist ein ehemaliger Gastarbeiter und CH-Fan. Trotzdem wird mir der Extra-Wein verrechnet!
Zwar ist der Himmel um 06.45h klar, aber es ist noch bitterkalt. Durch die leere Stadt Sarria geht's um hundert Ecken und Bäche rasch zurück in die Natur. Die angekündigte Iglesia Románica scheint es nicht zu geben, dafür einen trinkenden Igel. Der berühmte 100 km-Meilenstein (vor Santiago) ist leider nicht schön genug für eine Foto. An einer Fuente steht "hijo puta peregrinos". Langsam wechselt die Gegend von Milchwirtschaft zu wilderer Landschaft, insbesondere nach Überquerung des Miño. Dort mache ich einen Umweg, weil ich nicht dauernd auf die gelben Pfeile schaute! Portomarín ist einen Besuch mit Stempel in San Nicolás und Thon-Empanada wert! Nachher geht's über viele km bergauf (bis Ventas de Narón, wo das nächste Quer-Tal beginnt. Dort treffe ich auf Peter (Herbert hatte in León ja aufgegeben und ging ohne Besuch der Kathedrale gerade zum Bahnhof und heim). Wir gehen miteinander weiter bis Palas de Rei; unterwegs in Eirexe kommt noch Andrea aus Freising mit. Das Wetter heute war blau, obwohl eigentlich ein kühler Wind blies. Das wichtigste war daher, mich von der Sonne zu schützen. Duschen, waschen, schreiben bei Bier. Augentropfen für Andrea und Milch für Peter. NaE mit Peter und Dessert mit den beiden radfahrenden Lausannerinnen, die ich lustigerweise immer wieder treffe.
Als es Tag wird nach einer lauten Nacht (Lastwagen auf der Hauptstrasse vor dem Refugio), weiss ich noch nicht, ob ich die 47 km nach Pedrouzo schaffen will. Aber um 07.15h bin ich unterwegs durch ähnliches Gebiet wie gestern. Es ist recht kalt, aber ich habe die kurzen Hosen schon an (und den Regenschutz). Die beiden bayrischen Reiter holen ihre Pferde ausserhalb der Stadt. An der Grenze Lugo/La Coruña erhalte ich den ersehnten Morgen-Kaffee bei "die zwei Deutsch". In Melide gibt's Käse-Bocadillo und Markt. Alles andere war harte Wanderschaft! An zwei Bachüberquerungen bade ich die Füsse - das tut zwar tierisch weh, bringt aber Erleichterung für das Gehwerk. Die Gegend erinnert mich an meinen Besuch in Galicia vor 30 Jahren, an Portugal oder an Mexico. Schön, aber eher langweilig! Also kämpfe ich mich zum km 20.1 (18,0 auf den Mojones) durch. 18.15h ist es soweit. Nach den gestrigen 46.3 km, bin ich heute 47.4 km marschiert! Bier in der Bar O Pedrouzo. NaE in der Bar Compás mit Fernando (E), Polo (F) und Bernard (F). Morgen erreiche ich Santiago!! Am Telefon erfahre ich, dass MaryCarmen und José mit dem Auto am 22.5. in Santiago eintreffen! Also vergesse ich mein seit längerem gehegtes
Projekt nach Finisterre weiterzugehen! Denn schliesslich habe ich als Pilger meine Frau seit über 3 Wochen nicht mehr gesehen!
Bereits um 06.40h mache ich mich in den noch düsteren Wald auf, um die "lausigen" 20 km nach Santiago noch "rasch" zu machen. Erst heute merke ich wieder, dass 20 km halt doch eine rechte Distanz sind! Es geht bei kalter Luft durch grosse Wälder, um den Flugplatz herum. Ich habe immer das Gefühl, es müsse doch bald die Stadt kommen, aber es gibt weder Dörfer noch Bars. Endlich nach 10 km gibt's Kaffee und Gebäck. Nun geht's wieder bäumig, an TV Galicia und TVE vorbei zum Monte do Gouzo. Kurz vor dem Stadteingang treffe ich auf Fernando, Bernard und Polo, und zusammen ziehen wir wie Sturmtruppen in Santiago ein. Ein irres Gefühl, das Ziel erreicht zu haben und von den Touristengruppen wie Aborigines bestaunt zu werden. Beim Ausfertigen der Compostela fragt man mich, ob ich die Lectura in der Messe lesen würde. Tue ich! Diese ganze Ankunft und die Messe sind für mich sehr emotional. Nach der für mich wichtigen Messe (ich erinnere mich an die Messe am Anfang des Caminos in Roncesvalles) und dem überraschenden Botafumeiro (ich sitze in der vordersten Reihe) gehen wir tüchtig Ribeiro trinken und essen im Mesón Manolo für ESP 800 grossartig (Geheimtip)! Hotelsuche. Bernard und Polo gehen per Bus nach Finisterre. Ankunft Kim und Andrea, dann Peter. María und Barbara (die 2 deutschen Frauen von O Cebreiro sitzen gemütlich beim Bier und freuen sich, die bekannten Gesichter wieder zu sehen). Nachtessen wieder bei Manolo mit 2 Deutschen, die per Velo den Camino de la Plata gemacht haben (begeistert). Mit Fernando einen letzten Orujo kurz vor Mitternacht. Er geht um 09.00h nach Donostia zurück.
Meine offizielle Pilgerschaft ist heute abgeschlossen! Was für ein Erlebnis, dieser Camino de Santiago! Innerlich und äusserlich! Wieviele Landschaften, Kirchen, Brücken habe ich gesehen, und wieviele Leute habe ich getroffen! Wieviele Gedanken habe ich in der Einsamkeit des Weges verarbeitet! Kann ich mich wieder an ein "normales" Leben gewöhnen?